• NewsletterNewsletter abonnieren
  • KontaktKontaktformular
  • JobsStellenanzeigen
  • ENSprache
banner teaser teaser teaser teaser teaser teaser info

Critical Zone

Originaltitel: Mantagheye Bohrani / Iran, Deutschland 2023 / Drama / 99 Minuten / Regie: Ali Ahmadzadeh / ab 16 Jahren freigegeben

Interview Regisseur

Du wurdest letztes Jahr während der Proteste in Teheran verhaftet. Sind deine Filme eine Bedrohung für das Regime? Was missfällt ihnen an deinen Filmen?

Ich wurde eine Woche vor den Protesten verhaftet – nicht zum ersten Mal natürlich. Gerade als ich so enttäuscht war, weil niemand etwas tat, begannen plötzlich die Proteste. Die Regierung will nicht, dass echte Bilder von der radikalen und liberalen Generation verbreitet werden. In den letzten Jahren ist es ihnen immer gelungen, dieses zutiefst täuschende Bild der iranischen Gesellschaft an den Rest der Welt zu verkaufen. Deshalb war die Welt durch den Mahsa Amini- Aufstand plötzlich mit einer Explosion von neuen Bildern konfrontiert.

Was riskierst du, wenn du einen Film wie „Critical Zone“ drehst?

Während der Dreharbeiten haben wir alle gedacht: „Wir könnten jeden Moment verhaftet werden". Wir arbeiteten wie eine Gruppe von Spionen auf einer Mission, umgeben von Stressfaktoren und Gefahr. Jetzt, in diesem Moment, in dem der Film Premiere feiern soll, sind die meisten der Schauspieler und Crew aus dem Iran abgewandert. Und was ist mit mir? Ich verstecke mich zurzeit und weiß nicht, was passieren wird. Ich könnte verhaftet werden.

Wie ist es Ihnen gelungen, den Film zu drehen, der nicht von der iranischen Regierung genehmigt wurde? Und was war das für ein Gefühl?

Für jede Szene hatten wir einen eigenen Plan. Manchmal hatten wir eine versteckte Ka- mera, ein anderes Mal eine gefälschte Genehmigung oder eine Bestechung der Behörden. Die größte Herausforderung lag in den Drehorten und Schauplätzen. Wir hatten verschiedene Strategien für verschiedene Fälle. „Critical Zone“ ist ein urbaner Film und in der Stadt wird alles ‚beobachtet‘. Dieser Grad an Heimlichkeit und die Spannung haben unser Team zusätzlich motiviert. Ich persönlich, als Regisseur, habe mir Aufregung und Leidenschaft zu Nutze gemacht. Dieses Gefühl, in einem Kampf zu sein, hat uns ge- holfen, den Film zu realisieren. Manchmal treffen die Schaffung eines Kunstwerkes und persönliche Motivation zusammen, und das wurde zu einem unglaublichen Moment in meinem Leben.

Der Film scheint in zehn Episoden unterteilt zu sein. Warum hast du diese Entscheidung getroffen?

Aufgrund aller Einschränkungen, auf die wir gestoßen sind, mussten wir über einen langen Zeitraum drehen. Wir waren vier Leute in der Kerngruppe: Kamera- mann, Tontechniker, die Hauptfigur Amir und ich selbst. Mit dieser kleinen Gruppe war es, als ob wir jedes Mal in eine Kurzfilmproduktion einsteigen mussten. Jeder Teil hatte seine eigenen Anforderungen, Drehorte, Schauspieler...Es war nicht möglich, alles nacheinander zu drehen, wegen der Energie der Crew und natürlich wegen finanzieller Probleme. Ich musste einen Teil nach dem anderen drehen, dann schneiden, dann einen Job finden und etwas Geld verdienen, um mich auf den nächsten Schritt vorzubereiten. Ich neige dazu, die Filmstruktur nach den Grenzen auszurichten, selbst die Art der Geschichte, die ich erzählen will. Vielleicht ist das die Definition von ‚alternativem Kino‘.

Der Film scheint die Stadt Teheran zu porträtieren, wie man sie selten im Kino sieht. Welche Aspekte der Stadt wollten Sie zeigen?

Ein unterirdisches Teheran. Wild, müde und krank.

Welche Rolle spielen die Drogen in der Geschichte?

Es gibt zwei Funktionen: Form und Inhalt. Der Drogenkonsum lässt einen in ein surreales Universum eintauchen. Und auf der inhaltlichen Ebene haben wir einen modernen Heiligen, der die Stadt mit seinen Drogen ‚ernährt‘, wie die alten Propheten, die mitten in der Nacht den Armen Essen brachten.

Könnte man den Film als eine Art Dokumentarfilm verstehen?

Ja. Ich habe mich entschieden, mit Leuten zu arbeiten, die weniger an der Schauspielerei interessiert sind als an der Rebellion gegen das System. Schauspieler haben normaler- weise Ambitionen für ihre weitere Karriere, aber diese hatten andere Beweggründe. Daher verfolge ich einen dokumentarischen Prozess und kombiniere ihn mit meiner eigenen surrealen Atmosphäre, um eine Art magischen Realismus zu erreichen, auf der Suche nach einem tieferen Sinn.